Freitag, 9. August 2013

Angekommen im Orient

Die Busfahrt von Teheran nach Kashan dauert 3 Stunden. In Teheran geht alles ganz schnell. Noch nicht richtig am Busbahnhof angekommen nimmt uns auch schon der Bus mit. Wäre eigentlich ja ganz toll. Hätte ich nicht noch vorgehabt pinkeln zu gehen. Ich trete die Fahrt mit einer proppevollen Blase an. Entgegen meinen Hoffnungen macht der Bus keinen Halt. Irgendwie überstehe ich die Fahrt ohne mir in die Hosen zu machen.

Kashan gehört zu den am längsten besiedelten Orten im iranischen Hochland. Ich bin begeistert vom 250’000-Seelen-Ort. So habe ich ihn mir vorgestellt, den Orient. Häuser gebaut aus einer Lehm- und Strohmischung, verlorene Gässchen, imposante Moscheen und prachtvolle alte Bürgerhäuser. Wäre da nicht der Verkehr, könnte man glatt meinen, man sei 500 Jahre zurückversetzt. Auch das Outfit der Frauen ist hier traditioneller als in Teheran. Die meisten Frauen tragen einen Tschador, also ein (meist schwarzes) Tuch, das als Umhang - Kopf und Körper bedeckend - getragen wird. Ich weiss nicht wie diese Frauen das machen. Bei einer Temperatur von 40 Grad habe ich schon mit “normaler“ Kleidung das Gefühl, auszulaufen.

In Kashan gibt es einige architektonische Perlen zu entdecken. Der Bazar stammt größtenteils aus dem 19. Jahrhundert. Hier geht es absolut authentisch zu und her, der Bazar ist nicht auf Touristen ausgerichtet. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert stammende Moschee, deren Schönheit in deren Schlichtheit und Symmetrie besteht. Das Ortsbild prägen zahlreiche alte Holztüren, die zwei verschiedene Klöppel haben, einer für Frauen, einer für Männer. Die Klöppel erzeugen unterschiedliche Töne. So wussten also die Bewohner des Hauses, ob eine Frau oder ein Mann klopft, und wer dementsprechend die Tür öffnen sollte.

Besonders beeindruckend sind die Bürgerhäuser. Hunderte davon sollen von Händlern im 19. Jahrhundert errichtet worden sein. Einige davon wurden aufwändig renoviert und können besichtigt werden. Hohe Gebäude, schöne Innenhöfe, Stukkaturen, Spiegel, Reliefs… Man könnte stundenlang staunen. Wären da nicht die natürlichen Bedürfnisse. Schon wieder muss ich pinkeln. Der Aufseher weist uns ungefähr den Weg zu den Toiletten. Männer rechts, Frauen links. Jonas düst rechts weg. Ich sehe zwei italienische Touristinnen vor einem Gebäude stehen. Ich frage sie, ob ihr die Toilette sei. Sie bejahen, warnen mich aber, ich solle überlegen, ob ich da hineingehen möchte. Es ist keine Frage des Willens, sondern des Müssens. So schlimm kann’s ja nicht sein, ich bin mir schon einiges gewohnt. Als ich das Klo sehe, staune ich schon ein wenig. Es ist einfach ein Loch, sprich eine alte Toilette. Aber offensichtlich bin ich nicht die erste, die sich hier entledigt. Als ich Jonas wieder treffe frage ich ihn wie’s bei ihm gewesen sei. Normal, wie immer halt. Aha. Wir finden heraus, dass ich nicht auf der für Besucher vorgesehenen Toilette war, sondern auf der alten, die eigentlich Teil des Museums ist. Mein Teuerster findet das sehr witzig.

Der absolute Höhepunkt Kashans ist das 500jährige Hamam. Das Badehaus war früher während fünf von sieben Tagen für Frauen geöffnet, während zwei Tagen konnten sich die Männer waschen gehen. Die farbigen Kacheln und die Mosaike sind wunderschön. Und keine Angst, ich habe mich hier zurückgehalten und nicht gleich ins Wasser gelegt. Vom Dach des Hamams hat man einen schönen Ausblick auf die Stadt und sieht besonders gut die sogenannten Badgirs, die Windtürme, die im Sommer durch Ventilation der Kühlung der Gebäude dienen.

Als wir abends noch durch den Ort bummeln, werden wir in eine Moschee gerufen, in der etwa 5 ältere Herren versammelt sind (der eine davon ist im Tiefschlaf). Die Männer freuen sich über unseren Besuch, kurzerhand haben wir ein Tablett mit vier Tassen Tee und einem Glas Wasser (für uns zwei) vor der Nase. Ich werde genötigt, alles in der Moschee zu fotografieren, inklusive Koran.

Bevor wir weiter nach Isfahan fahren, machen wir noch einen kurzen Abstecher nach Abyaneh, ein
mindestens 1500 Jahre altes Dorf in den Bergen. Die Fahrt führt vorbei an einer Urananreicherungsanlage, die scharf mit Panzern bewacht wird. Fotos davon gibt’s keine, sorry Leute. Das Dorf selbst ist schnell besichtigt, der Umweg lohnt sich nicht wirklich.

Und kulinarisch?
Shami ist eine Spezialität aus Kashan - es handelt sich hierbei um eine Art Kalbshamburger mit Karotten. Die Mahlzeit ist eine willkommene Abwechslung zu Kebab, kann es mit einem guten Burger aber nicht aufnehmen. Ausserdem ernähren wir uns wieder vermehrt vegetarisch, mit Bademjan: Ein Mousse aus gerösteten Auberginen mit fermentiertem Käse bedeckt.














1 Kommentar:

  1. This brings back memories! It looks like you're having a good trip.

    Marjan

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