Montag, 26. August 2013

Teatime

Eigentlich wollten wir von Uppuveli der Küste entlang nach Arugam Bay weiterreisen. Da Hochsaison ist, und kurzfristig keine Unterkunft zu finden war, krempeln wir unsere Pläne um und reisen zuerst ins Hochland. Dies bringt uns einige zusätzliche Stunden Busfahrt, aber “man muss flexibel bleiben” - einer Jonas’ Lieblingssprüche. Die Wellen können warten.

Also geht’s mit dem Bus von Uppuveli nach Kandy (fünf Stunden) und von Kandy nach Nuwara Eliya (2 Stunden). Die Busse sind hier nicht sehr komfortabel, und der Fahrstil ist geprägt von stop and go. Da kann es schon mal passieren, dass dem einen oder anderen Fahrgast das Kotzen kommt. Zum Glück habe ich einen robusten Magen. Als Entschädigung für den unbequemen Bus führt die Fahrt von Kandy nach Nuwara Eliya an einer traumhaft schönen Landschaft vorbei. Wir passieren üppige Teeplantagen und erhalten einen Eindruck davon, was uns die nächsten Tage erwartet.

Nuwara Eliya - was soviel wie “Stadt des Lichts” bedeutet - liegt auf knapp 1900 Meter über Meer. Der Ort soll früher wegen des kühlen Klimas der Lieblingsplatz der hart arbeitenden (und schwer trinkenden) englischen und schottischen Pioniere in Sri Lankas Teeindustrie gewesen sein. Die Briten haben denn auch ihre Spuren hinterlassen: Viktorianische Häuser, piekfein gepflegter Golfplatz und ein paar Pubs… 

Kalt, ja kalt ist es immer noch. Nach der Ankunft meint Jonas: “Ich find’s gut, dass es kalt ist”. Wie bitte? Entweder habe ich mich verhört oder meinem Liebsten hat die Sonne der letzten Tage ein paar Hirnzellen verbrannt. Dabei freut er sich auf eine Nacht durchschlafen ohne Klimaanlage oder Ventilator.

Die Unterkunft ist ein Glücksgriff. Der Holzbau ist schön im Grünen gelegen und erinnert ein bisschen an ein Schweizer Chalet (passend zum Klima also). Abends zündet der Hausherr wärmendes Feuer an. Und das Beste: Das riesige Bett hat eine wirklich warme Decke.

In Nuwara Eliya wandern wir durch die Teeplantagen - vorbei an Plantagenarbeitern. Die Menschen hier sind gekennzeichnet von der harten Arbeit: Sonnengegerbte Haut, drahtige Körper. Von weitem erscheinen denn die Personen auch wie farbige Punkte inmitten der Plantagen, denn die Hügel mit den Teepflanzen sind in ein sattes und glänzendes Grün getaucht. Die Farbe wirkt fast künstlich, als hätte ein Maler mit dem Pinsel nachgeholfen. Wunderschön. Nicht so schön ist die Farbe unserer Arme am Abend: rot. Trotz Sonnencrème kassieren wir einen leichten Sonnenbrand, und das nach acht Wochen an der Sonne (obwohl: Jonas ist in Punkto Armbräune deutlich im Vorteil. Während ich im Iran langärmlig rumlaufen musste konnte Monsieur T-Shirts tragen).

Auf unserem Plan hätte auch der Besuch einer Teefabrik gestanden. Da Sonntag ist, ist diese jedoch geschlossen. Nicht so tragisch, im Ort finden wir auch einen kleinen Teeladen, der Tee direkt aus  Nuwara Eliya verkauft.

Und kulinarisch?
In Sri Lanka wird das beste Essen oft in den Gästehäusern serviert, somit essen wir zweimal in unserer Unterkunft. Und wir werden nicht enttäuscht. Eine Spezialität des Hauses ist Biriyani: Ein Reisgericht mit Gemüse, viel Knoblauch und Fleisch. Natürlich lassen wir uns auch das Curry nicht entgehen, das in zahlreichen Schälchen mit Gemüse und Reis serviert wird.
Zur Mittagszeit sind jeweils die kotthu rotti eine Wohltat: Teigtaschen, die mit verschiedenen Füllungen angeboten werden und denen es an Schärfe niemals fehlt.  



Nuwara Eliya



Inmitten der Teeplantagen









Chalet im Sri Lanka - Style



Füsse wärmen am Feuer



Biriyani



Curry 

 

 


Samstag, 24. August 2013

Elefanten im Dschungel und Kühe am Strand

Der Sigiryia-Felsen ist wohl eines der bekanntesten Wahrzeichen Sri Lankas. Geologisch gesehen handelt es sich um einen erhärteten Magmablock eines erloschenen Vulkans. Kulturell haben die Menschen ihren Beitrag geleistet, indem sie einen Klosterkomplex auf dem Felsen errichtet haben. Bereits von Weitem bietet der Sigiryia einen atemberaubenden Anblick.

Nach der Ankunft freuen wir uns auf den nächsten Tag, den Felsen zu besteigen. Aus irgendeinem Grund habe ich das naive Gefühl, wir wären da mehr oder weniger alleine. Weit gefehlt. Das Unesco Weltkulturerbe ist ein Touristen-Magnet. Im Gänsefüsschenmarsch hinter anderen Touristen hertrottend besteigen wir den Felsen. Der einstündige Aufstieg lohnt sich trotzdem. Besonders schön sind die Fresken auf halbem Weg, die dralle Frauen mit Wespentaille abbilden. Oben angekommen bietet sich uns ein wunderbarer Ausblick auf den riesigen Dschungel. Ob diese Aussicht vor über 1500 Jahren auf die buddhistischen Mönche ebenso spektakulär wirkte?

Am späten Nachmittag machen wir dann einen auf Safari. In unserer Unterkunft buchen wir eine Tour in den Minneriya National Park, wo noch etwa 150 bis 200 wilde Elefanten leben. Es ist beeindruckend, die riesigen Tiere von so nah beobachten zu können. Momentan ist Brutzeit, weshalb einzelne Männchen mit ausgefahrenem Penis herumlaufen. Riesendinger sag ich da nur. Natürlich sehen wir auch noch andere Tiere: Ein Krokodil, eine Schildkröte, Affen und - wie könnte es anders sein - viele Vögel.

Die Weiterreise führt uns dann endlich ans Meer. Mit dem Tuk-Tuk nehmen wir die 120 Kilometer nach Uppuveli in Angriff. Die Dreiradfahrzeuge dienen normalerweise als Taxi für Kurzstrecken, denn allzu schnell kommt man damit nicht vorwärts. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit beträgt 40 Kilometer pro Stunde. Aber wenn der Preis stimmt, bringen einen die Tuk-Tuk-Fahrer überall hin. Und die Busse in Sri Lanka sind schließlich auch nicht die schnellsten. Nach ca. 3 Stunden erreichen wir unser Ziel.

Uppuveli liegt im Nordosten des Landes.  Die Tourismusmaschine steckt hier noch in den Kinderschuhen. 2004 fegte der Tsunami über Sri Lankas Küste und bis vor vier Jahren herrschte hier Bürgerkrieg. Als wir im Voraus ein Zimmer reservieren wollen sind wir trotzdem etwas erstaunt: wo wir auch anrufen heisst es: ausgebucht. Der Ort verfügt über enormes Potenzial. Wir fahren trotzdem hin, und vor Ort finden wir aber auch ein Zimmer an Superlage, direkt am Strand.

Der Sandstrand in Uppuveli ist traumhaft, das Meer ruhig und angenehm warm, die Stimmung ist gemütlich und die Leute easy. Wir verbringen zwei wunderschöne erholsame Tage hier. Am Abend zünden sri-lankische Jungs ein Lagerfeuer am Strand und trommeln auf Bongo-ähnlichen Instrumenten. Die Stimmung könnte romantischer nicht sein (die Tatsache, dass um die jungen Männer eine etwa 20 Jahre ältere dicke Deutsche herumschleicht, die ganz offensichtlich nach mehr sucht als ein paar Trommel-Klängen, blende ich jetzt mal aus).

Für den Ort hoffe ich, dass er den Tourismus sanft halten kann. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass bis ein paar Jahren hier Hotelkomplexe in den Himmel ragen und es vorbei sein wird mit der Ruhe.

Und kulinarisch?
Wir haben uns bereits etwas durch die sri-lankische Küche gegessen, die wahnsinnig vielseitig ist. In Sigiriya geniessen wir Devilled: in Würfel geschnittenes frisches Gemüse mit Fleisch, das angebraten und mit Paprika gewürzt eine Art karamelisiert wird.
Am Meer geniessen wir den frischen Fisch. In Uppuveli sind gute einheimische Restaurants Mangelware, also gehen wir zum italienischen Paar. Jonas’ Spaghetti mit Meeresfrüchten schmeckt (fast) genau so gut wie in Italien und mein Fisch ist so zart, dass er wie Butter auf der Zunge schmilzt. Sie haben’s halt einfach drauf, die Italiener. 

Und nun noch etwas in eigener Sache…

Seit rund acht Wochen sind wir unterwegs und bloggen - und fragen uns: liest das überhaupt jemand? Interessiert euch was wir hier schreiben? Ist da wer? Die Kommentare auf dem Blog sind nämlich sehr sehr dünn gesät (wenn man unsere Familienmitglieder abzieht - Familie zählt nicht - kommentiert praktisch niemand). Also haben wir uns etwas überlegt: wer jetzt den originellsten Kommentar auf diesen Blog-Eintrag schreibt erhält ein Geschenk aus Sri Lanka. Was meint ihr? 



Sigiryia Felsen




 
Im Minneriya National Park






120 Kilometer mit dem Tuk-Tuk



Der Strand von Uppuveli






Lagerfeuerromantik
 


  
Devilled



Spaghetti Frutti die mare



 

Donnerstag, 22. August 2013

Ein Fest für Buddhas Zahn

Wir haben uns für Sri Lanka entschieden weil: Das Klima tropisch warm ist. Man(n) gut surfen kann. Das Essen wunderbar schmeckt. Die Strände schön sind. Die Vegetation grün ist. Das Land kulturell vielseitig ist. Soviel zu den Erwartungen.

Wie jedes Land hat auch Sri Lanka seine Schattenseiten. Bis 2009 herrschte während 26 Jahren Bürgerkrieg, hervorgerufen durch den ethnischen Konflikt zwischen den (hinduistischen) Tamilen und den zahlenmäßig dominanten (größtenteils buddhistischen) Singhalesen. Die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) forderte Unabhängigkeit für die tamilischen Gebiete. Vor vier Jahren besiegte die sri-lankische Regierung die Tamil Tigers endgültig.

Unsere erste Nacht verbringen wir in Negombo, einer kleinen Stadt unweit des Flughafens. Wie im Iran ist es hier auch warm, aber anders. Das Klima ist feucht. Schnell haben wir ein klebriges Gefühl auf der Haut. Wir werden uns daran gewöhnen. Am nächsten Morgen verlassen wir Negombo - mit einem Souvenir. Jonas wurde in der Nacht von Bettwanzen oder ähnlichen Viechern gebissen. Die Arme sind übersät mit roten Punkten - es juckt.

Mit dem Bus fahren wir nach Kandy. Die Stadt liegt im Landesinneren und gilt als kulturelles Herz der Insel. Im reservierten Guesthouse angekommen stellt sich heraus, dass der Besitzer nur für eine Nacht ein Zimmer zur Verfügung hat, wir aber zwei Nächte reserviert haben. Doppelbuchung. Es folgt ein hin und her, einige Telefonate seitens des Hotelbesitzers, zahlreiche Meinungswechsel (ebenfalls seitens des Hotelbesitzers), Verhandlungen über den Preis. Da diese Tage das bekannte Kandy Esala Perahera Festival stattfindet, sind die Hotels ausgebucht. Schliesslich erklären wir uns mit einer Umquartierung einverstanden. Unsere neue Bleibe ist ein 3-Zimmer Appartment mit Balkon. Abgesehen davon dass die Unterkunft etwas abseits liegt, kein schlechter Deal. Die Besitzer haben das “Greenview” neu eröffnet und sind sehr freundlich und hilfsbereit. Nach dem ganzen hin und her machen wir es uns auf dem Balkon gemütlich und geniessen die Flasche Wein, die wir in Doha am Flughafen gekauft haben.

Die alte Kolonialstadt hat so viel nicht zu bieten. Den Tempel des heiligen Zahns besuchen wir aber. Hier wird der Zahn Buddhas aufbewahrt (den wir allerdings nicht zu Gesicht bekommen). Wegen der Zahnreliquie ist der Tempel ein beliebter Pilgerort für die Buddhisten. Wir finden den Tempel nicht sonderlich beeindruckend. Für mich viel eher eine Attraktion ist Jonas im Wickelrock. Nach drei Wochen lange-Hosen-Pflicht im Iran montiert Monsieur euphorisch Shorts. Das geht natürlich nicht für einen heiligen Tempel. Zum Glück kann er einen modischen Batik-Wickelrock mieten.

Wir sind zwar nicht wegen des Kandy Esala Perahera Festivals hergekommen. Aber da wir schon mal hier sind, lassen wir uns die Gelegenheit nicht entgehen. Das Esala Perahera wird zu Ehren der bereits genannten Zahnreliquie veranstaltet. Das alljährlich durchgeführte 10tägige Festival soll eines der beeindruckendsten in ganz Asien sein. Die Prozession wird von Tausenden Trommlern und Tänzern aus Kandy angeführt, begleitet von zahlreichen Elefanten.

Das Festival ist hier eine sehr grosse Sache. Aus ganz Sri Lanka reisen die Leute an um der Prozession beizuwohnen. Auch viele Touristen kommen extra wegen des Fests. Zugegeben, der Spass ist für hiesige Verhältnisse teuer. 40 Franken zahlen wir für einen Sitzplatz auf einem Balkon. Die Einheimischen suchen sich ihre Zuschauerplätze auf dem Trottoir. Viele sichern sich bereits am Morgen einen Gratisplatz, und harren dann den ganzen Tag in der Sonne auf ihrer Position aus. Da haben wir es gemütlicher. Um sechs Uhr müssen wir unseren Sitz einnehmen, die Parade startet um halb acht. Da unser Platz eher am Ende der Route liegt, wird es halb neun bis die ersten Tänzer und Trommler an uns vorbeiziehen. Das ganze dauert dann etwa drei Stunden. Der Umzug ist schön und pompös. In unseren Laien-Augen wiederholen sich die Darbietungen aber immer wieder, und das Ganze wird sehr sehr langatmig. Gerne würden wir nach der Hälfte abhauen. Aber abschleichen ist nicht. Nach einer Weile besteht die Unterhaltung einzig darin zu  spekulieren, ob die Tänzer versehentlich in die Elefantenkacke treten, die die Dickhäuter ab und zu hinterlassen. Ich habe Mitleid mit den Tieren. Die Beine sind zusammengekettet und den Dickhäutern wird eine Art Kleid übergezogen, das am ganzen Kopf mit kleinen Lämpchen bestückt ist. Es würde mich interessieren, was Tierschutzorganisationen dazu sagen. Schlussendlich sind wir froh, als es endlich zu Ende ist.

Und kulinarisch?
Sri Lanka ist ja bekannt für leckere Currygerichte. In Negombo geniessen wir im Restaurant Lords ein Fisch-Curry der Superklasse. In zig kleinen Schälchen werden Curries, Chutneys und andere Beilagen gereicht. Nach dem eher eintönigen Essen in den Iranischen Restaurants löst dieses Mahl eine Geschmacksexplosion par excellence aus.


Spuren der Bettwanzen



Im Tempel des heiligen Zahns





Esala Perahera Festival: Leute warten auf den Umzug





Prozession






Fischcurry 


 

Montag, 19. August 2013

Ein Stück Weltgeschichte

In Shiraz erleben wir das erste Mal, das die Taxisuche auch ganz gesittet zu und her gehen kann. Am Busbahnhof angekommen werden wir gebeten, ein Ticket zu lösen, die Preise sind fix. Nichtsdestotrotz widerfährt uns im Taxi eine böse Überraschung. Aus den Boxen dröhnt das Gekrächze von Dieter Bohlen - cherry cherry lady…

Shiraz ist die Stadt des Weins - die gleichnamige Traube hat hier ihren Ursprung. Nach dem edlen Getränk sucht man im Ort jedoch vergeblich. Die Weinpoduktion ist im Iran seit der Revolution verboten. Einige Wenige produzieren den Shiraz noch im Versteckten. Aber es ist offensichtlich, durch das Verbot geht hier ein Kulturgut verloren. Vielleicht war es der Wein, den die bekannten Poeten aus Shiraz - zum Beispiel Hafez oder Sa’di - inspiriert hat?

Obwohl die Stadt Shiraz einige Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, nutzen viele Touristen den Ort als Ausgangpunkt für einen Besuch der Persepolis (Stadt der Perser). Die Persepolis war eine Palastanlage der achämenidischen Herrscher. Darius liess die riesige Anlage ca. 515 v. Chr. bauen, seine Nachfolger erweiterten sie. Die  Achämeniden nutzten die Anlage hauptsächlich zur Feier des iranischen Neujahrsfest im März und zu Siegesfeiern nach grossen Feldzügen. Das Reich der Achämeniden war das erste persische Grossreich und erstreckte sich über Gebiete des Iran, Irak, Afghanistan, Usbekistan, Turkmenistan, Türkei, Zypern, Syrien, Libanon, Israel und Ägypten. Das Reich hat zahlreiche kulturelle, wissenschaftliche und wirtschaftliche Errungenschaften hervorgebracht. 332 v. Chr. setzte  Alexander der Grosse die Persepolis in Brand - als Rache für die Zerstörung der Akropolis in Athen. Darauf folgte der Beginn des Untergangs der Achämeniden.

Es ist ein Schauplatz der Weltgeschichte, auf dem wir uns befinden. Meistens erkunden wir die Orte ja auf eigene Faust, was auch bei der Persepolis möglich wäre. Aufgrund der historischen Bedeutung entschliessen wir uns für eine Tour. Es sind nicht so sehr die Überreste, die beeindrucken. Die Grösse der Anlage können wir anhand der ausgegrabenen Überbleibsel nur erahnen. Vielmehr sind es die kleinen Geschichten rund um die achämenidische Königsfamilie, die mich in ihren Bann ziehen. Der riesige Palast zum Beispiel war nur Darius und seinen engsten Bediensteten vorbehalten. Nicht einmal seine Frau durfte ihn betreten. Ich frage mich, was macht ein König alleine mit ein paar Dienern in einem solch überdimensionierten Palast? Neben Persepolis besuchen wir noch die Felsgräber Nashq-e Rostam (Nekropolis) und die Überreste der ehemaligen achämenidischen Siedlung Pasargad.

Wir sind eine amüsante Gruppe, und sitzen abends noch lange zusammen. Hier lernen wir auch Oz kennen, mit dem wir die folgenden Tage unterwegs sind. Oz ist aus La-Chaux-de-Fonds und hat türkische Eltern. Wenn wir zu dritt unterwegs sind, meinen die Iraner, er sei einer von Ihnen der die Touristen herumführt.

Shiraz ist unsere letzte Station im Iran. Wir nehmen es gemütlich: kaufen auf dem Bazar Safran ein, bereiten die Weiterreise vor und lassen die Zeit im Iran nochmals Revue passieren.

Und kulinarisch?
Drei Wochen lang hat uns der iranische Kebab - oder Kabab begleitet. Nun ist es einmal an der Zeit, ein bisschen genauer darauf einzugehen. Ein Ode an das Kebab sozusagen. Kebab ist die Bezeichnung für Fleisch. Meist wird es am Spiess gegrillt. Die Variationen sind gross: Lamm, Poulet, Rind - eigentlich alles außer Schwein. In Filetstücken oder als Hackfleisch verarbeitet… Die Beilagen - oder besser gesagt die Beilage ist dagegen weit weniger vielseitig: Allermeistens wird Reis dazu serviert.

Auberginen spielen in der iranischen Küche eine wichtige Rolle. Besonders gut schmeckt mir Mirzaghazemi - ein leicht scharfes Auberginenpürée mit Tomaten, Knoblauch und Gewürzen.

An unserem letzten Abend kommen wir in den Genuss einer Iranischen Geburtstagstorte. In einem Restaurant feiert eine Iranerin ihren 28. Geburtstag, und tritt uns ein Stück ab. Sie schmeckt ein bisschen anders als “unsere” Schwarzwäldertorte, aber gut.


Ein Blick zurück...

Die drei Wochen sind wie im Flug vergangen. Ich habe versucht, ohne allzu grosse Vorstellungen in das Land einzureisen. Denn ich ahnte, es wird anders sein. Natürlich hat man trotzdem irgendwelche Bilder im Kopf. Und ja, das Land ist anders, als die Vorstellungen die ich vor der Reise hatte. Was hier abgeht ist nicht leicht zu beschreiben, man sollte es mit eigenen Augen sehen.

Als wir zuhause den Leuten erzählt haben, dass wir in den Iran gehen, sind wir oft auf skeptische Reaktionen gestoßen. Von “was wollt ihr dort?” über “ist das nicht gefährlich?” bis zu “seid ihr verrückt?” haben wir alles gehört. Und dies auch von Menschen, die sich als weltoffen bezeichnen würden.

Gefährlich ist es nicht. Wirklich nicht. Wir haben uns kein einziges Mal unwohl oder unsicher gefühlt. Im Gegenteil. Die Menschen sind sehr sehr hilfsbereit. Wenn sie sehen dass Touristen etwas verloren dastehen, bieten sie ihre Hilfe an. Immer wieder offerieren uns Einheimische Essen, zum Beispiel im Bus oder im Park Eine Gefahr gibt es im Iran allerdings: der Verkehr. Der kann schon mal lebensgefährlich sein. Auf der Strasse drängeln Autos, Motorräder und Mofas aneinander vorbei, jede Strassenüberquerung wird zum Spiessrutenlauf. Verkehrsregeln scheinen nicht zu existieren.

Im Iran treffen Moderne und Tradition knallhart aufeinander. Viele junge Iranerinnen und Iraner leben einen westlichen Lifestyle, haben die Menschen in Europa und den USA zum Vorbild. Sie sind überaus neugierig gegenüber Ausländern. Als Frau werde ich oft von jungen iranischen Frauen regelrecht angestarrt. Aus Bewunderung. Das schmeichelt mir natürlich ein wenig. Schenkt man den Frauen dann ein Lächeln, lächeln sie entweder zurück oder schauen verlegen weg. Aber auch die jungen Männer und Knaben sind neugierig. Oft rufen sie “hello Mister”, “how are you”, “welcome to Iran”. Alles was diese jungen Menschen wollen, ist ein Leben führen wie wir es tun.

Demgegenüber steht der traditionelle Lebensstil. Männer die sich in der Moschee treffen, Frauen im Tschador, kurz, Menschen für die der Glaube eine zentrale Rolle in ihrem Leben spielt. Inwiefern oder ob überhaupt sie unter dem Regime leiden (abgesehen von den ökonomischen Schwierigkeiten durch das Embargo) ist schwierig zu sagen.

Die ökonomischen Schwierigkeiten: Ahmadinejad hat mit seiner aggressiven Politik das Land ins wirtschaftliche Abseits befördert. Die internationalen Sanktion begünstigen die Inflation, die über 40 Prozent beträgt und möglicherweise die höchste der Welt ist. Das Wachstum ist negativ, es fehlt an Jobs. Die Leute klagen, dass alles immer teurer wird. Vieles, was früher selbstverständlich war, können sie sich heute nicht mehr leisten.

Sehr sehr traurig finde ich, dass eine grosse Mehrheit der jungen modernen Perserinnen und Perser nur ein Ziel hat: ins Ausland zu gehen. Viele würden lieber heute als morgen den Iran Richtung Westen verlassen. Oft hören wir das Wort “Freiheit”. Ein Grundbedürfnis jedes Menschen, dass das iranische Regime stark einschränkt.

Umso wichtiger ist für die Iranerinnen und Iraner, dass die Leute im Westen gut von ihnen denken. Sie sind es leid, vom Westen als Achse des Bösen wahrgenommen zu werden. Immer wieder fragen sie uns, was wir von ihnen halten. Das Aussenbild ist ihnen ausserordentlich wichtig. Hierzu ist jedoch auch zu sagen, dass die Iraner denken, das Bild von Ihnen sei im Westen schlechter als es ist. Einige Male hören wir, bei uns denken wohl alle, sämtliche Iraner seien Terroristen. 

Freiheit - die ist stark eingeschränkt im Iran. Wir merken das an kleinen Dingen: Webseiten, die nicht funktionieren, Bücher, die wir nicht herunterladen können, unsere Kleidung, die wir anpassen müssen. So erhalten wir nur eine Ahnung davon, wie geplagt die Iranerinnen und Iraner sind. Vor allem die Iranerinnen. Mittelalterliche Gesetze schränken die Rechte der Frauen stark ein. Will eine Frau heiraten, benötigt sie die Unterschrift ihres Vaters. Frauen ist es untersagt, zu Fussballspielen zu gehen. Frauen werden von gewissen Studiengängen ausgeschlossen, mit der Begründung, es gäbe zu wenig Jobs. Die Liste ließe sich endlos fortführen.

Das Fatale an der Situation ist: Die Menschen haben keine Hoffnung, dass sich ihre Situation in naher Zukunft verbessern wird. Die jeweiligen Präsidenten sind nur Marionetten Khameneis. Erst ein Abdanken seinerseits würde nach der Meinung vieler Einheimischer Möglichkeiten eröffnen. Kritische Stimmen fürchten aber die Übernahme durch dessen Sohn, was wohl noch schlimmer wäre. So denken nicht wenige, dass eine erneute Revolution notwendig wäre, um das Regime auszuwechseln. Einige meinen sogar, dass eine Intervention der USA - sprich Krieg - die Lösung wäre.

Sosehr die Menschen ihre Regierung und deren politische Ausrichtung hassen, so sehr sind sie stolz auf ihre persische Kultur. Die Leute sind stolz auf die glorreiche Geschichte, verehren ihre Dichter und Poeten, reisen viel im eigenen Land. 
Und reisen während dem Ramadan? Ganz ehrlich: ich würde während dem Ramadan nicht mehr in den Iran reisen. Tagsüber ist es mühsam an Essen zu kommen. Die Restaurants bleiben geschlossen. Oft essen wir im Hotelrestaurant oder kaufen etwas und essen es im Hotelzimmer. Das Wetter ist heiß - auch trinken ist tagsüber für Einheimische während des Ramadan untersagt. Als Tourist kann man auf der Strasse trinken - aber wir kommen uns gegenüber den Einheimischen doof vor. Als der Ramadan vorüber ist, ist die Stimmung lockerer. Die Leute picknicken im Park, essen Glacé, sitzen in den Teehäusern.

Die Reise durch den Iran war ein Erlebnis, ein bisschen Abenteuer. Drei Wochen reichen vollkommen aus um die wichtigen Sehenswürdigkeiten zu sehen. Die Art der zu bestaunenden Objekte wiederholt sich ab einem gewissen Zeitpunkt: Moscheen, Bürgerhäuser, Medresen, Paläste, Persische Gärten… Die Landschaft ist nicht sehr vielseitig. So schön und intensiv die Zeit in Persien war, freuen wir uns nach drei Wochen, weiterzuziehen.

Eine Iranreise kann ich aber jedem empfehlen. Obwohl ich hier versucht habe, die Eindrücke auf Papier zu bringen, ist es schwierig, dieses verrückte Land zu beschreiben. Um sich wirklich ein Bild zu machen, muss man Persien selbst erlebt haben.  



Felsgräber der Nekropolis

 

 
Persepolis

 





Shiraz






Mirzaghazemi

 


Kebab (hier Version Chicken)

 


Geburtstagskind (2. von links)