Dienstag, 2. Juli 2013

Istanbul

Unsere Reise beginnt in Istanbul - aus der älteren Geschichte bekannt als Konstantinopel und aus der jüngsten Geschichte aufgrund des Protests gegen den Präsidenten, der inmitten des modernen Istanbul auf dem Taksim-Platz begann. In den Medien ist es ruhiger geworden, der Bus vom Flughafen fährt auch wieder zum Taksim-Platz, der Gezi-Park ist vom Staat zurückerobert. Die jungen Leute protestieren aber noch immer und das Polizeiaufgebot ist riesig. Zu gross möchte man vermuten, denn die teilweise blutjungen Polizisten scheinen sich zu langweilen: rauchen, trinken Kaffee und beobachten die Protestierenden. Nichtsdestotrotz, die Menschen scheinen der momentanen “Ruhe” nicht zu trauen. Nähert man sich dem Platz, haben viele der jungen Leute eine Gasmaske unterm Arm.
Unsere Unterkunft liegt an der Istiklal Cadesi, die vom Taksim-Platz Richtung Galata-Turm läuft. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war hier das mondäne Diplomatenviertel. An den eleganten - und teilweise heruntergekommenen Häusern kann man den Glanz dieser Epoche erahnen. Dies änderte mit der Gründung der Republik, als Ankara zur Hauptstadt wurde. Die Strasse verlotterte - bis sie in den 1990er Jahren wieder zum Herz des modernen Istanbuls wurde. Hier pulsiert das Leben - in den zahlreichen Läden, Restaurants, Bars und Discos. 


Aber nicht nur das moderne Istanbul fasziniert, ebenso das historische. Im historischen Teil stand auf unserem Programm der Besuch der blauen Moschee (wo frau für den Besuch ein Kopftuch erhält, wenn sie nicht bereits eines trägt - ich kann mich nicht erinnern dass das vor rund 5 Jahren auch schon so war), der Topkapi-Palast, die Hagia Sophia, die Cisterna Basilica, der Galata Turm und natürlich der Bazar. Im Topkapi Palast lebten zu osmanischen Zeiten neben dem Sultan rund 4000 Personen: mehrere Ehefrauen (und noch mehr Kinder), Konkubinen, Eunuchen und Bedienstete. Gemäss der Überlieferung waren die Frauen im Harem und dienten einerseits dem sexuellen Vergnügen des Sultans  und andererseits der Sicherstellung der dynastischen Reproduktion. Der Harem war ein geschlossener Bereich, in dem Eunuchen auf die Frauen “aufpassten”: sie unterrichteten sie und sorgten für deren Körperpflege. Um diese jedoch außer Gefecht zu setzen, liess man sie kastrieren. Die Damen des Harems - also die Konkubinen - stammten aus nicht-muslimischen Ländern: denn es war verboten Moslems zu versklaven. 1001 Nacht war wohl nicht so romantisch wie wir uns das gerne vorstellen. 

Die Hagia Sophia wurde im 6. Jahrhundert als (christliche) Kirche gebaut und rund tausend Jahre später in eine Moschee umgewandelt. Heute ist die Hagia Sophia kein Glaubenstempel mehr sondern ein Museum. Zurzeit wird sie restauriert, was bitter nötig ist. Die Cisterna Basilica hat ebenfalls eine aussergwöhnliche und langjährige Vergangenheit: Erbaut im 6. Jahrhundert als Trinkwasser-Reservoir, wurde es kurz darauf wieder vergessen, und erst 1545 wiederentdeckt. Genug Geschichte. 

Istanbul ist eine faszinierende Stadt der Gegensätze, die mich jedes Mal wieder in ihren Bann zieht. Man hat das Gefühl die lebendige Stadt ist nie ruhig: wenn nicht irgendwo der Muezzin ruft oder Musik spielt, sind es die Möwen die ihre Laute von sich geben. Für mich war es inzwischen der dritte Besuch, für Jonas der erste. Allerdings fand er sich bereits am ersten Tag besser zurecht als ich - dank meinem  miserablen Orientierungssinn. Zudem mussten wir feststellen, dass wir auch als vermeintlich Reiseerfahrene nicht vor schlechten Tricks gefeit sind: Ein Schuverkäufer “verliert” seine Bürste, Jonas hebt sie auf. Der Schuhverkäufer ist überdankbar, will Jonas’ (Turn!)Schuhe putzen, wir lehnen ab, er insistiert. Also gut, denn wir gehen davon aus, dass es eine Revanche für die Bürste ist. Ist es nicht. Der Schuhverkäufer beginnt von seiner kranken Mutter zu erzählen, die zu viel geraucht hatte und nun an einem Krebs leidet, der viel kostet. Um ihn loszuwerden geben wir ihm etwas (zu viel, wie ein Beobachter später konstatiert). Anfängerfehler.
Ansonsten sind die Menschen sehr hilfsbereit und offen. Wir treffen auf Menschen, die ihren Präsidenten nicht mögen, sich aber trotzdem kein anderes Land zum Leben vorstellen können. Wir treffen auf einen Türken der in Deutschland lebte, wieder von Deutschland, dem grossen Geld und einer guten Frau träumt. Wir treffen auf Touristen, die mit dem Kreuzfahrtschiff unterwegs sind und der Ehemann zu skeptisch ist die Baklava zu probieren, da er denkt das Grüne (die Pistazien) sei Spinat. Am Abend fährt ihr Schiff wieder weiter, zur nächsten Stadt. 
Und kulinarisch?
Baklava haben wir noch keine gegessen, aber sonst viel Leckeres: Zum Frühstück Menemen (türkisches Rührei mit Tomaten und Peperoni), zwischendurch ein Fischbrötchen am Meer in Eminönü und am Abend Adana (türkisches Fleischgericht).  Sehr zu empfehlen ist das Restaurant Leb-i Derya. Serviert wird türkisch-europäische Fusionsküche und die Aussicht von der Terrasse ist unbezahlbar. Istanbul liegt zu Füssen, beim Eindunkeln kann man beobachten wie die Lichter der Stadt erleuchten, und die angenehme Brise im Haar macht das Glücksgefühl perfekt. 


Der (vergangene) Glanz der Istiklal Cadesi




 Die blaue Moschee



Im Topkapi Palast



 Cisterna Basilica



Istanbul





Istanbul kulinarisch










1 Kommentar:

  1. Hallo ihr zwei Lieben.... Schön,dass es euch gut geht und ihr die Düfte der fremden Kultur riecht. Hoffe jedoch,ihr werdet verschont von den momentanen Wirren die dieses Land trotz dem Alibaba Zauber durchmacht. Super Beitrag !! Christine ich fühle mich "fast" dabei.... U. & M.

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